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Katharina Stierl, Rhonda Koch, Stefan Krull u.a.

Klimapolitik als verbindende Klassenpolitik

Leider wird uns als LINKE bisher keine hohe Kompetenz zur Lösung der Klimafrage zugesprochen. Dies muss sich ausgehend von der Strategiekonferenz der Partei dringend ändern.

 

Katharina Stierl (die Linke.SDS), Rhonda Koch (die Linke.SDS), Stefan Krull (Landessprecher Sachsen-Anhalt), Luigi Pantisano (KV Stuttgart), NamDuy Nguyen (die Linke.SDS) - alle aktiv in der Bewegungslinken

 

Die Transformation zur klimafreundlichen Produktionsweise und damit einhergehenden Konsumtion muss so schnell wie möglich passieren, damit die derzeitigen CO2 Emissionen noch insoweit einzuschränken sind, dass ein Leben auf diesem Planeten möglich bleibt. Die sozialen und technischen Möglichkeiten dazu sind vorhanden - ihre Verwirklichung ist eine Frage großer politischer Dringlichkeit, die die Durchsetzungskraft einer ganzen Generation von Linken benötigen wird.

Auf Seiten vieler Beschäftigter sorgt die Debatte um die Transformation für Verunsicherung.  Auch oder gerade weil gute Antworten auf den vermeintlichen Gegensatz von ‘Klima vs. Beschäftigung’ von links ausbleiben oder von Herrschenden bereits beantwortet sind: Umverteilung von unten nach oben, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, CO2 Steuer, Konsumverzicht und Verbote.

Die derzeitige gesellschaftliche Situation sollten wir als Herausforderung und Chance für die LINKE begreifen, nur sie kann ehrlich für einen sozial gerechten Klimawandel argumentieren. Die LINKE muss es schaffen Klimapolitik mittelfristig und konsequent als Klassenpolitik zu formieren. Nur wenn so die Mehrheit der Beschäftigten für eine nachhaltige Klimapolitik gewonnen werden kann, wird es möglich die notwendigen Veränderungen durchzusetzen.

Leider wird uns als LINKE bisher keine hohe Kompetenz zur Lösung der Klimafrage zugesprochen. Dies muss sich ausgehend von der Strategiekonferenz der Partei dringend ändern.

Dies bedeutet aus unserer Sicht zwei zentrale Schritte zu gehen:
 

  1. Programmatisch zuspitzen und sichtbar werden: DIE LINKE muss eine positive Vision eines “Green New Deal” zeichnen, der deutlich macht, wie die soziale Frage und die klimapolitische Herausforderung zusammengehören. Eine Vision bestehend aus  konkreten Vorschlägen, radikal und politisch zugespitzt und zugleich solchen, die als Übergangsforderungen die notwendige Systemtransformation deutlich machen: (https://www.labourgnd.uk/gnd-explained).  Nur mithilfe einer solchen Erzählung, die mehr kann als ein Klimaprogramm, kann die LINKE eine Vision schaffen, derer sich die Menschen gerne annehmen und für die es sich zu kämpfen lohnt. Wie so etwas aussehen kann, zeigt unter anderem AOC in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=d9uTH0iprVQ.
  1. Wir beginnen damit verbindende Klassenpolitik praktisch umzusetzen. Es kommt vor allem darauf an, dass wir nicht nur in Papieren und Programmen, sondern  in Bewegungs- und Organisierungsprozessen an der klimapolitischen Wende mitwirken. Dazu gehört es, eine Durchsetzungsstrategie für bestimmte Forderungen zu entwickeln und zusammen mit Klimabewegung und Gewerkschaften an diesen Schnittmengen gesellschaftliche Macht aufzubauen. Die Klimabewegung musste mit dem enttäuschenden Klimapaket der Bundesregierung trotz Großmobilisierung von über 1,4 Millionen Menschen eine Niederlage einstecken. Nun steht die Frage im Raum, was die nächsten Schritte für die Bewegung sind und welche Ziele konkret durchgesetzt werden können. Dies bedarf einer genauen Analyse und dem bewussten Ergreifen von Gelegenheitsfenstern.

 

Für eine Verkehrspolitische Wende 2020 - Soziale Bewegung, Tarifbewegung und Partei gemeinsam an einem Strang

 

Für eine nachhaltige und demokratische Transformation müssen wir Macht von unten aufbauen, d.h. Beschäftigte und Klimaaktivist*innen müssen an einem Strang ziehen. Es gilt also  gemeinsame Ziele ausfindig zu machen, an denen gemeinsame Erfahrungen gemacht werden und gemeinsame Erfolge erzielt werden können.

Eines dieser gemeinsamen Ziele  ist die Durchsetzung einer verkehrspolitischen Wende bzw. eines weiteren Klimapakets zur massiven Investition in den öffentlichen Personennahverkehr: in Bus und Bahn. Hier kommen die Interessen der Beschäftigten in diesem Bereich nach besseren Arbeitsbedingungen direkt mit dem Interesse der breiten Mehrheit der Bevölkerung nach einem günstigen (oder sogar kostenlosen) und gut ausgebauten ÖPNV, sowie mit den Interessen der Klimaaktivist*innen nach einer drastischen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zusammen.

Die Verkehrswende und der damit verbundene radikale Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs betrifft das tägliche Leben von Millionen Menschen: der Nahverkehr verbindet buchstäblich alle. Von der Großstädterin, die von einer neuen Tramlinie profitiert, über das Schulkind auf dem Land, das durch häufigere Buslinien einfacher zur Schule kommt und eine höhere Autonomie bekommt bis zur Oma, die am Stadtrand lebt und dadurch von den kulturellen Angeboten der Innenstadt auch im Alter nicht ausgeschlossen wird. Aus Sicht der Klimabewegung wäre eine solche Verkehrswende ein großer Erfolg. Der Verkehrsbereich - und insbesondere der Individualverkehr mit dem Auto - ist immerhin die zweitstärkste CO2 Schleuder im Land.

Ein solcher Ausbau des ÖPNV ist jedoch nur mit einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen denkbar, da nur so auch ausreichend Personal gefunden werden kann.

Zur Durchsetzung eines solchen Programms bietet sich 2020 ein extrem günstiges Gelegenheitsfenster: Im Sommer diesen Jahres wird es zu einer bundesweiten Tarifbewegung der Bus- und Bahnfahrer*innen kommen. Die Tariflandschaft ist seit Jahren fragmentiert nach Bundesländern und die Arbeitsbedingungen haben sich kontinuierlich verschlechtert. Seit Anfang der 2000er haben Einsparungen und Privatisierungen zu einem hohen Personalabbau geführt. Von 1998 bis heute sind die Beschäftigtenzahlen im ÖPNV um 24% gesunken, während die Passagierzahlen um 18% gestiegen sind (vgl. www.tvn2020.de). Die erhöhte Arbeitsverdichtung führt zu hohen Krankenständen und einer weiteren Zuspitzung des Personalmangels. Diese Entwicklung steht dem klimapolitischen Ziel eines Ausbaus des ÖPNV direkt entgegen. Darum hat sich ver.di bewusst dazu entschieden das Auslaufen der Tarifverträge bundesweit zu synchronisieren, sodass erstmals seit vielen Jahren über 80.000 Beschäftigte aus etwa 130 Betrieben versuchen werden gleichzeitig bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die Forderungen der Beschäftigten (u.a. bezahlte Wegezeiten, höhere Löhne, Zuschlagsregelungen, höheres Urlaubsgeld, Entlastung) werden zu einer harten Auseinandersetzung mit den Verkehrsbetrieben führen, wobei sie aus einer starken Arbeitsmarktsituation mit hohen Selbstbewusstsein in die Bewegung gehen werden.

Hier bietet sich also die Chance die Klimabewegung mit der Tarifbewegung der Beschäftigten im ÖPNV zu verbinden und dadurch die notwendige Sprengkraft zu entwickeln, um weitreichende Forderungen zur Investition durchzusetzen. Diese gemeinsame Klammer wird jedoch nicht “von alleine” entstehen, sondern muss aktiv hergestellt werden. Hier wollen wir mit der Partei exemplarisch vormachen, wie Klimapolitik als verbindende Klassenpolitik aussehen kann.

Wenn 2020 die Mobilisierungsstärke der Klimabewegung mit der Streikkraft der Beschäftigten im ÖPNV und einer LINKEN zusammenkommen, die nicht die Beschäftigten und Kund*innen als Verantwortliche sieht, sondern Staat und Kapital adressiert, können uns erste klassenpolitische Schritte in der Klimabewegung gelingen und das im populären und gewinnbaren Kampffeld hin zur Verkehrswende.

Dazu müssen die unterschiedlichen Akteur*innen jetzt an einen Tisch kommen und gemeinsam eine Durchsetzungsstrategie entwickeln. Schon jetzt laufen erste Gespräche zwischen ver.di (Jugend) und der Klimabewegung. Mit dem Auslaufen der Tarifverträge Ende Juni endet die Friedenspflicht. Es kann also der Sommer der Verkehrswende werden.

DIE LINKE muss sich dieser prägenden politischen Aufgabe des begonnenen Jahrzehnts jetzt stellen. Wir sollten zusammen mit Fridays for Future und den Beschäftigten im Nahverkehr ein aktiver Teil der Verkehrswende werden und im Sommer 2020 einen gemeinsamen Sieg erringen. Dazu müssen wir eine eigene Erzählung für eine nachhaltige und sozialistische Gesellschaft entwickeln. Wir laden alle Mitglieder und Sympathisant*innen der Partei ein, dies mit uns zu tun.

Folgende Forderungen könnte die LINKE zu ihrer Erzählung im Kampf für die Verkehrswende formulieren:

 

1. Klimapaket 2.0 – Für die verkehrspolitische Wende.

Dieses Jahr kann die verkehrspolitische Wende durch ein massives Investitionsprogramm in Bus und Bahn eingeleitet werden. Dieses neue Klimapaket wird refinanziert durch die Abschaffung von umweltschädlichen Subventionen (29 Mrd. laut Mobilitätsatlas). Darüber hinaus sollten Unternehmen, die vom ÖPNV profitieren zur Mitfinanzierung verpflichtet werden.

 

2. Wem gehört die Bahn/ÖPNV? Die Bahn/ÖPNV in öffentliche Hand!

Die Privatisierungen von Bahn und ÖPNV hatten katastrophale Folgen.

Die Bahn bzw. der ÖPNV sollte in die öffentliche Hand, um Spekulation und Profitorientierung zu bekämpfen. Die Unternehmen sollten demokratisch gestaltet werden und Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten enthalten!

 

3. Mobilität für alle-mit weniger Verkehr!  / Mobilitätsgarantie für alle!

Jede*r solle ein Recht auf Mobilität haben, unabhängig von seinem Einkommen, der Gesundheit o.ä. Die Mobilität für alle kann durch ein 365 Euro Ticket oder durch einen kostenlosen/ticketfreien ÖPNV ermöglicht werden. Die erhöhte Zahl von Fahrgästen vermindert den Individualverkehr, entlastet die Umwelt und verbessert die Lebensqualität! Das Ticket für den ÖPNV könnte einkommensabhängig erworben werden.

 

4. Gute Arbeitsbedingungen mit guten Löhnen im ÖPNV!

Nur mit besseren Arbeitsbedingungen im ÖPNV kann der Fachkräftemangel bekämpft und der ÖPNV tatsächlich ausgebaut werden."

 

 

 

 

 

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