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Bernd Kirmse

Der Mietendeckel in Berlin ist ein richtiges Signal

Ich bin seit 50 Jahren Parteimitglied und habe alle Höhen und Tiefen miterlebt.

Liebe Genossinnen und Genossen, Ihr habt mich mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 gebeten, Euch meine Überlegungen zur Strategie unserer Partei mitzuteilen. Ich bin seit 50 Jahren Parteimitglied und habe alle Höhen und Tiefen miterlebt. 

Leider sind, wie Ihr richtig festgestellt habt, die letzten Wahlergebnisse nicht sehr erfolgreich gewesen. dabei gibt es an den Zielen, die wir verfolgen, kaum etwas zu kritisieren. Meines Erachtens ist z.Z. die Wahrnehmung unserer Partei in der Öffentlichkeit zu schwach, da wir wenig im Fokus von Auseinandersetzungen stehen. Früher standen uns die angriffslustigen Parteien CDU/CSU, FDP und auch SPD gegenüber. Diese Parteien sehen sich heute mehr genötigt, gegen die AfD vorzugehen, was letztendlich der AfD hilft.

Festzustellen ist aber auch, dass kaum noch unsere führenden Genossen öffentlich wirksam auftreten. Vor Jahren fanden noch große Kundgebungen mit Bühnen statt, auf denen Vertreter unserer Parteiführung leidenschaftliche Reden hielten (Ich arbeitete in den letzten 17 Jahren vor meinem Renteneintritt in einem Westberliner Betrieb und die Kollegen gingen mit Begeisterung zu den Kundgebungen, auf den Gregor Gysi sprach und berichteten davon). Heute gibt es keine Kundgebungen und Reden mehr.

Wir waren immer dann erfolgreich, wenn uns der Gegner hart attackiert  hat, als wir z.B. seinerzeit die Vorschläge für einen Mindestlohn unterbreitet hatten. Damals stand unsere Partei im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion und die Akzeptanz stieg.

Aus meiner Sicht können wir nur wieder Erfolg haben, wenn wir völlig neue, noch nicht dagewesene Ideen einbringen, die für die Menschen auch in absehbarer Zeit eine positive; wirksame Verbesserung bringen.

Eine solche Idee wie der Mietdeckel in Berlin ist ein richtiges Signal und auch breitenwirksam.

Ein Vorschlag meinerseits wäre, das System der Mehrwertsteuer zu verändern, um mehr Einnahmen zu haben für progressive Projekte (bei allen Vorschlägen wird ja immer nach der Finanzierungsmöglichkeit gefragt).

Die Mehrwertsteuer beträgt 19%. Für lebenswichtige Produkte beträgt sie 7%. Wäre es nicht sinnvoll, für Luxuswaren eine Mehrwertsteuer von 22% bis 25% festzulegen. Es wird immer das Beispiel der teuren ROLEX - Uhr für einen Preis von 6.000 Euro angeführt, der 19% Mehrwertsteuer enthält. Bei einer um 4-5% höheren Mehrwertsteuer würde die Uhr für ca. 6.300 Euro von den begüterten Leuten genauso gekauft werden, wie vorher. Diese Maßnahme wäre besser, als eine Reichensteuer einzuführen, da immer argumentiert wird, es sei schon mal das Vermögen versteuert worden. Hiebei könnte man im Gegenzug argumentieren, dass ein Reicher nicht zwingend Luxus kaufen muss, wenn ihn dieser zu teuer ist. Außerdem profitieren Reiche auch von der niedrigen Mehrwertsteuer von 7%.

Sollte ich mir als Person mit normalen Einkommen einmal Luxus leisten wollen, wäre auch ich bereit, die erhöhte Mehrwertsteuer zu entrichten.

Ich könnte mir auch ein völlig neues Rentensystem vorstellen, das nicht mehr über den Generationsvertrag aus den Lohn der Lohnempfänger erfolgt, sondern umlagegesteuert. Abschaffung des Prinzips, wer viel einzahlt, bekommt auch viel. Das ist aber eine sehr komplexe Frage und sprengt den Rahmen dieser E-Mail.

Wie Ihr richtig festgestellt habt, sind die Klimakrise und der ökologische Umbau zentrale Fragen von sozialer Gerechtigkeit. Aber bereits bei der Frage der Einführung des Tempolimits von 130 kmh auf Autobahnen bekundet unsere Partei, dass sie dafür ist, ergreift aber keine Initiative. Wäre es nicht sinnvoll, hierzu einen Volksentscheid oder zumindest eine Volksbefragung zu fordern. Viele Menschen befürworten das Tempolimit 130 kmh. An einem solchen Entscheid wären dann auch die Menschen (Jugendliche, Alte), die kein Auto fahren beteiligt. Auf jedem Fall käme ein Bild zustande, wie die deutsche Bevölkerung zu dieser Frage seht, ob sie weiterhin rücksichtslos die Umwelt zerstören will oder nicht.

Hinsichtlich des eingeführten Emissionshandels sollte erhöhter Druck ausgeübt werden, die Emissionspreise zu erhöhen, aber insbesondere konsequent zu kontrollieren und transparent zu machen, was aus den Einnahmen des Emissionshandels geworden ist, ob wirklich Bäume gepflanzt und ökologische Maßnahmen umgesetzt wurden und welche.

Die Digitalisierung und Globalisierung ist eine Herausforderung der Gegenwart und Zukunft. Die Ideen hierzu müssen jedoch von den jungen Genossen kommen, die noch im Arbeitsprozess stehen, etwas davon verstehen und in der Zukunft davon betroffen sein werden. Ich hoffe, dass auf der Srategiekonferenz eine Mehrheit junger Genossen teilnehmen wird.

Ich wünsche Euch für Eure Arbeit viel Erfolg!

Mit solidarischem Gruß

Bernd Kirmse, Berlin

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