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Lukas Eitel, KV Erlangen/Erlangen-Höchstadt

Partei für Sozialismus – Sozialistische Partei?

So kämpfen wie wir leben wollen – Gedanken zu Strategie & Praxis der LINKEN

Gegen den Kapitalismus – in allen Varianten

Zu einer Strategie gehört ein Ziel. Dieses Ziel ist die Gesellschaft, in der wir leben wollen: der Sozialismus. Doch was ist das eigentlich, dieser „Sozialismus“? Das müssen wir klären, damit der Begriff nicht zur Phrase verkommt. Lorenz Gösta Beutin (MdB, DIE LINKE) hat diese Frage kürzlich gestellt und darauf viele gute Antworten erhalten, die die Sache gut zusammen fassen und aus denen ich hier einfach zitiere: Sozialismus ist „Wiederaneignung plus Selbstermächtigung“, „eine Gesellschaft die füreinander arbeitet“, „eine Gesellschaft ohne Ausbeutung“, in ihm sollen „diejenigen, die die Werte schaffen, Eigentümer dieses Reichtums sein“, und es gibt „demokratische Kontrolle über die Wirtschaft“.

Diese Gesellschaft steht in unüberbrückbaren Widerspruch zum Kapitalismus. Deswegen muss unsere Strategie konsequent gegen den Kapitalismus als Ganzes und in allen seinen Varianten gerichtet sein. In unserer Partei herrscht Einigkeit, dass das für den Kapitalismus in seiner faschistischen Ausformung gilt. Dasselbe gilt für autoritär-oligarchische Kapitalismusvarianten. Beim Kapitalismus in seiner neoliberalen Ausformung gibt es einen Widerspruch zwischen Worten und Taten, aber dazu später mehr. Wirklich spannend wird es beim sozialdemokratisch ausgestalteten Kapitalismus („rheinischer Kapitalismus“, „soziale Marktwirtschaft“). Hier zeigen sich deutliche Tendenzen, diese Form des Kapitalismus als unser Ziel zu definieren. Unterschiede zwischen ihr und dem Sozialismus werden kleingeredet oder ganz geleugnet. Das zeigt sich auch an der positiv gemeinten Selbstbeschreibung als „anti-neoliberale Sammlungspartei“. Das mag den Ist-Zustand recht gut treffen, aber dabei kann es nicht bleiben. Es ist Zeit, aus dem Hause SPD auszuziehen und uns als eigenständige Partei für Sozialismus zu definieren!

Klar bleibt dabei natürlich: alle Verbesserungen der Lebenssituation der Bevölkerung werden von uns befürwortet und unterstützt. Wir kämpfen gemeinsam mit Sozialdemokraten und Grünen für (höhere) Mindestlöhne, gegen Sanktionen etc. Aber dabei müssen wir immer klar machen, dass wir mehr wollen. Und wir dürfen keine Illusionen in prokapitalistische Parteien schaffen: Sie stehen nicht auf unserer Seite und werden das auch nie. Allerdings haben gerade die SPD und die GRÜNEN viele fortschrittlich denkenden Mitglieder. Ihnen sollten wir gemeinsame Kampfangebote machen, ohne ihre Parteistrukturen einzubinden. Unsere Strategie muss es dabei sein, Bruchlinien in dieser Parteien zu schaffen, zu vertiefen und letztlich fortschrittliche Flügel (und Einzelpersonen) abzuspalten, damit diese (möglicherweise auch erst mittelfristig) den Weg zu uns finden.      

 

Unser Programm und unsere Praxis

Wie Johannes König in seinem empfehlenswerten Strategiepapier dargelegt hat, schließt unser Parteiprogramm Regierungsbeteiligungen keineswegs aus. Es setzt allerdings Mindeststandards. „An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Privatisierung der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.“ Wie Johannes aber leider auch zutreffend feststellt, hat bisher jede Landesregierungsbeteiligung diese roten Haltelinien gebrochen. Das dies dringend unterbunden werden muss, versteht sich von selbst.

Aber wieso kommt es dazu? Wieso stimmen ehrliche Parteiaktive, sobald sie in der Regierung sitzen, Dingen zu, gegen die sie sich davor eingesetzt haben? Eine Rolle spielt dabei die Einstellung, dass wir regieren wollen sollen. Bei vielen unserer Genoss*innen hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass nur in der bürgerlichen Regierung Veränderungen erreichbar sind, und wir deswegen unter allen Umständen rein müssen und drinbleiben müssen. Die ideologische Grundlage bietet dabei der Reformismus (die Vorstellung, durch parlamentarische Reformen schrittweise und bruchlos zum Sozialismus übergehen zu können). Um eine sozialistische Strategie entwickeln zu können müssen wir mit dieser Ideologie brechen.

 

Kämpfen wir, wie wir leben wollen: kollektiv & demokratisch

Unsere Partei sollte in ihrer internen Verfasstheit die Prinzipien beachten, nach denen wir auch die Gesellschaft gestalten wollen. Das bedeutet eine demokratische Partei. So weit so phrasenhaft. Ein erster Schritt wäre es, wenn die hochrangigen Parteifunktionäre ihre Machtstellung nicht missbrauchen würden, um Debatten in der Partei, wie z. B. diese Strategiedebatte, zu beeinflussen. Konkret: Während einer laufenden Debatte Meinungsbeiträge zur Strategie in externer Presse zu publizieren, in allerlei Parteimails und Mitgliederbriefen schon eine bestimmte Strategie implizit vorwegzunehmen und über Social-Media-Accounts und Websites von Partei und Fraktion selektiv bestimmte Debattenbeiträge zu verbreiten.

Ein weiteres grundsätzliches Problem vieler linker Parteien ist das Verhältnis von Partei und Fraktion. In der LINKEN ist die Fraktion aktuell übermächtig. Das ließe sich durch einige Maßnahmen leicht ändern, die aber aufgrund der fortgeschrittenen Parlamentarisierung schwer durchzusetzen sind. Konkret: Trennung von Partei und Fraktion (Angehörige der Fraktion dürfen meine Parteiämter bekleiden, am Wichtigsten: Delegiertenmandate), Mandatszeitbegrenzung (maximal zwei Legislaturperioden), (Mit-)Bestimmung der Partei über der Verwendung von Fraktionsmitteln und Verbindlichkeit von Beschlüssen der Partei für die Fraktion. Das heißt konkret: Parlamentarier, die gegen die im Parteiprogramm festgelegten roten Haltelinien verstoßen, werden von uns nicht erneut in Parlamente entsandt und repräsentieren uns nicht mehr in denen in denen sie bereits sitzen. In weiteren Schritten sollten wir die Diäten der Abgeordneten bis zu einem durchschnittlichen Facharbeiterlohn (oder wegen mir auch 10% drüber) einziehen und für Partei und außerparlamentarische Bewegungen verwenden. Außerdem müssen Formen kollektiver Mandatsausübung (die Partei führt die Parlamentsarbeit durch, nicht der einzelne Parlamentarier) erprobt und vertieft werden. In Erlangen machen wir damit kommunal gute Erfahrungen.

Aber auch die Partei muss demokratisiert werden. Maximal ein Drittel der Delegiert*innen sollten in Vorständen sitzen dürfen. Eine Begrenzung von Amtsperioden scheint sinnvoll, auch eine Einschränkung der Ämterhäufung ist notwendig. Imperative Mandate auch in der Partei. So werden die Mitglieder ermächtigt und damit motiviert und aktiviert.

Wenn wir diese Schritte ergreifen stehen wir als Partei nicht nur für Sozialismus, wir sind auch eine sozialistische Partei.

 

Wie gewinnen wir?

Mit Sozialismus in Programm und Praxis haben wir die Werkzeuge in der Hand, um größere Erfolge zu erzielen. Weiterhin gilt dabei der Grundsatz von Rosa Luxemburg: „Der Sozialismus wird nicht im Parlament beschlossen, sondern auf der Straße erkämpft“. Das heißt wir müssen als aufmüpfige, kämpferische und bewegende (nicht bewegte) Partei auftreten. Zum Thema Politik aus der „Ich-Perspektive“ haben schon andere geschrieben, dem ich mich anschließe. Hinzufügen möchte ich zu der Debatte um Bewegungsarbeit bloß noch, dass „Bewegung“ nicht nur die Massendemo meint, sondern auch die kleine Bürgerinitiative im Ort, das gemeinsame Protestschreiben an die Schulleitung oder (ganz wichtig) ein paar Kollegen für die Gewerkschaft(sbewegung) zu gewinnen. Zur Messung unseres Erfolgs als Partei sollte unsere Mitglieder- und Aktivenentwicklung sowie gewonnene Kämpfe herangezogen werden, nicht nur Wahlergebnisse. Wir müssen, auch wenn wir davon noch meilenweit weg sind, Massenpartei werden.

In dem wir das ganze Instrumentarium des außerparlamentarischen Kampfes nutzen und dabei von unserem parlamentarischen Arm unterstützt werden, können wir nicht nur konkrete Verbesserungen erkämpfen, sondern (nicht heute, aber morgen) den Kapitalismus überwinden!

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